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Interview: Mit E-Voting wäre das Wahl-Schlamassel nie passiert

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„Jetzt ist schon wieder was passiert“ – Der Satz, mit dem Buchautor Wolf Haas so viele seiner Brenner-Romane beginnen lässt, passt auch auf das Thema Wahl gut: Im Vorfeld der nun zu wiederholenden Bundespräsidenten- und der Bezirksvertretungswahlen in Wien Leopoldstadt tauchen zu allem Überfluss nun schadhafte Briefwahlkuverts auf. Mit Handy-Signatur und E-Voting wäre das alles nicht passiert, stellt A-Trust-Geschäftsführer Michael Butz im Interview klar.

Unterschrift fürs Internet
Mit der Handy-Signatur von A-Trust ist es möglich, rechtsverbindlich zu unterschreiben. Diese Signatur, die rechtlich der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt ist, nutzen bereits 800.000 Österreicher. Sie könnte auch fürs E-Voting, also für die elektronische Wahl eingesetzt werden. Einige Länder, wie etwa die Schweiz oder auch die baltischen Staaten, nutzen elektronische Wahlen bereits. Butz ist jedenfalls überzeugt, dass E-Voting den Willen des Wählers besser abbildet, als alle existierenden Wahlsysteme und plädiert dafür, den Wählern diese Möglichkeit zusätzlich anzubieten. Trotz der vielen Vorteile, die E-Voting mit sich bringt,  stößt diese Wahl-Methode in Österreich auf unsichtbare Hürden.

Michael Butz, A-Trust

Michael Butz ist Geschäftsführer von A-Trust. (c) A-Trust

0676 Blog:  Mit der Handy-Signatur ist es bereits heute möglich, bestimmte Services rund um e-Government und Wahlen in Anspruch zu nehmen. So kann man etwa Wahlkarten damit unkompliziert und ohne weitere Ausweiskontrollen online beantragen. Wie weit ist hier der technische Weg  zum E-Voting – also dem Wählen per Computer, Tablet oder Smartphone?
Michael Butz: Mit der Bürgerkarte, der e-Card und der Handy-Signatur ist es möglich, eine rechtsverbindliche Unterschrift zu leisten. Diese Unterschrift ist der händischen rechtlich gleichgestellt. Technisch, organisatorisch und legistisch wäre alles vorhanden, um den Wählern die Möglichkeit zu geben, ihre Stimme über E-Voting abzugeben. Wir wundern uns eigentlich selbst darüber, warum das nicht gemacht wird.

0676 Blog: Wie viele Bürger verfügen bereits über die Handy-Signatur?
Michael Butz: Etwa 800.000 haben eine Bürgerkarte oder eine Handy-Signatur, mit der sie sich authentifizieren und eine rechtsverbindliche Unterschrift über das Web leisten können. Das sind immerhin mehr als zwölf Prozent der Wahlberechtigten (bei den Bundespräsidentenwahlen waren knapp 6,4 Millionen Bürger wahlberechtigt, Anmerkung der Redaktion). Monatlich kommen etwa 20.000 Nutzer der Handy-Signatur dazu. Wir sind also schon bald bei der Million. Wenn man einige Gruppen, wie die ganz jungen und die ganz alten Menschen sowie Personen, die am Web weniger interessiert sind, abzieht, dann haben wir mit der Handy-Signatur schon eine recht hohe Penetrationsrate.

0676 Blog: Welche Vorteile bringt E-Voting Ihrer Meinung nach?
Michael Butz: Niemand muss am Wahlsonntag zu einem Wahllokal gehen, oder sich Wochen vorher um eine Wahlkarte bemühen. Er kann am Wahlsonntag von der ganzen Welt aus am Computer, Smartphone oder Tablet wählen . Der Wahlvorgang wäre extrem einfach: Eigentlich braucht der Wähler nur ein SMS-fähiges Handy und einen zweiten Kanal (PC, Tablet oder Smartphone, das mit dem Web verbunden ist, Anmerkung d. Redaktion), der zur Bestätigung dient. Dieser einfache Wahlvorgang ist doch ein enormer Fortschritt und würde meiner Ansicht nach auch die Wahlbeteiligung heben. Unregelmäßigkeiten, wie es sie bei der letzten Bundespräsidentenwahl gegeben hat, wären mit E-Voting nicht möglich. Denn beim E-Voting sind keine Wahlhelfer oder Beisitzer notwendig. Man hätte sich da viel Geld erspart, denn die Durchführung einer Wahl ist bekanntlich sehr teuer.

0676 Blog: Kritiker von E-Voting Lösungen werfen ein, dass eine geheime Wahl über Laptop oder Smartphone nicht garantiert ist. Was antworten Sie diesen Kritikern?
Michael Butz: Es wählen gar nicht so wenige Österreicher außerhalb der Wahlzellen. Alle jene etwa, die die Briefwahl nutzen. Kein Modell schließt Beeinflussung anderer aus. Wir werden ja alle vor der Wahl ständig beeinflusst – durch Wahlwerbung oder auch durch Wahlumfragen, die sich dann am Wahltag als völlig falsch herausstellen. Besser für unsere Demokratie wäre es, man würde die Mittel für die Wahlwerbung und jene für die Umfragen gleich mit in ein E-Voting-System stecken. Kein bisheriges Wahl-System bildet den Willen des Wählers besser ab als E-Voting.

0676 Blog: Wie eine Wahl abläuft, versteht ja jeder. Ich gehe in die Wahlzelle, fülle einen Zettel aus, werfe ihn in die Urne und dieser wird dann von mehreren Personen, die sich gegenseitig kontrollieren, ausgezählt. E-Voting zu verstehen, ist schon weit schwieriger …
Michael Butz: Alle diejenigen, die der Technik nicht vertrauen, bleibt immer noch der Weg in die Wahlzelle oder die Briefwahl. Niemand verlangt, ausschließlich E-Voting anzubieten. Wir leben gerade in einer Phase der digitalen Transformation und deshalb muss man viele Möglichkeiten anbieten, damit jeder einzelne Bürger sein Wahlrecht ausüben kann. Ich finde es allerdings skurril, dass man die Wahlkarte zwar mit Handy-Signatur beantragen, aber damit nicht wählen kann. Die digitale Signatur ist, wie gesagt, der eigenhändigen Unterschrift rechtlich gleichgestellt. Damit kann ich sicherstellen, dass etwa der Bürger Max Mustermann seine Stimme gültig abgegeben hat.

0676 Blog: Bei der Wahl der Österreichischen Hochschülerschaft im Jahr 2009 wurde ja bereits E-Voting eingesetzt. Das Ergebnis hob der VfGH dann im Jahr 2011 wieder auf.
Michael Butz: Ja. Ich finde es äußerst schade, dass E-Voting gerade von den Studierenden nicht angenommen wurde. Der Vorwurf damals war, dass theoretisch jemand mitlesen hätte können, wer wo seine Stimme abgegeben hat. Manche Interessenvertretungen rufen aber ihre Mitglieder an, wenn sie noch nicht wählen waren – weil sie das eben genau wissen. Sachliche Gründe, die gegen E-Voting sprachen, gab es damals aus meiner Sicht keine. Ich hatte das Gefühl, dass man das einfach nicht wollte. Ohne auf dieses „man“ näher eingehen zu wollen. Uns wurde sogar im Vorfeld der Wahl gedroht, das E-Voting-System durch eine „Denial of Service-Attacke“ zum Absturz zu bringen. Auch bei der Publikumsratswahl des ORF wurde der Einsatz von E-Voting zwar diskutiert, letztendlich kam es dann aber nicht zum Einsatz. Ich habe manchmal den Eindruck, dass man E-Voting verhindern will, weil befürchtet wird, den Einfluss auf „seine Schäfchen“ zu verlieren.

0676 Blog: Wir sprachen bisher immer von Wahlen. Aber in der Demokratie gibt es ja auch andere Möglichkeiten, sich einzubringen. Etwa Petitionen zu starten und Unterschriften zu sammeln. Dafür gibt es sogar Web-Plattformen, mit denen man das ganz leicht tun kann – unterzeichnen können die Unterstützer dann mit ihrem Twitter oder Facebook-Account …
Michael Butz: Rechtlich hat eine solche „Unterschrift“ überhaupt keine Relevanz. Um ein Beispiel zu nennen: Während ich selbst keinen Facebook-Account habe, hat mein Hund schon einen – der könnte dann Petitionen dieser Art unterschreiben. Ich dagegen nicht. Mit der Handysignatur ist das etwas anderes. Damit kann man Unterschriften für ein Anliegen sammeln, die den händisch geleisteten rechtlich ebenbürtig sind. Insgesamt lechzen doch die Organisationen nach Rechtsverbindlichkeit. Die Handy-Signatur stellt das sicher, denn wenn der Nutzer mit dieser unterschreibt, dann drückt er rechtsverbindlich seinen Willen aus und trägt die Verantwortung dafür. Das ist so wie mit der Bankomatkarte. Wenn Sie die an jemanden anderen mitsamt dem Code weitergeben, dann tragen Sie auch Verantwortung dafür, wenn er Geld von Ihrem Konto abhebt. Zur Bank zu gehen, und sich zu beschweren, dass man das Geld nicht selbst abgehoben hat, hilft dann wenig. Generell: Die Handysignatur ist für viele Bereiche einsetzbar. Ich denke da beispielsweise an Universitäten. Dort registrieren sich die Studierenden mit Username/Passwort und laden dann ihre Arbeiten hoch. Das ist  allerdings alles andere als sicher. Besser wäre es, wenn sie für den Upload ihrer Diplom- oder Masterarbeiten die Handysignatur verwenden würden.

0676 Blog: Welche Hürden gibt es für E-Voting in Österreich?
Michael Butz: Wie gesagt, technisch, organisatorisch und legistisch sind alle Voraussetzung dafür gegeben. Die Hürden, die es zu überwinden gilt, sind unsichtbar – und wohl deshalb auch besonders hoch. Allerdings: Österreich ist heute international federführend, was das Thema E-Government betrifft. Wenn man E-Voting als Möglichkeit aber weiterhin ignoriert, dann werden wir diese Rolle wohl über kurz oder lang verlieren.

0676 Blog: Im Frühling dieses Jahres gab es Berichte, wonach die Handy-Signatur nicht sicher sei.
Michael Butz: Das betraf das Thema Phishing. Also nicht die Handy-Signatur selbst, sondern den Prozess der Dateneingabe durch den User. Phishing ist wirklich ein ernstes Problem, mit dem auch die Banken laufend zu kämpfen haben. Darum kann man den Bürger nicht oft genug davor warnen, verdächtige Links von E-Mails zu öffnen und auf der verlinkten Website dann sensible Daten einzugeben. Kein seriöser Anbieter versendet Mails, in denen nach sensiblen Daten gefragt wird. Bevor man als User Daten in ein Webformular eingibt, muss man auch immer darauf achten, dass man sich auf der „richtigen“ Website, und nicht auf der eines Betrügers befindet. Dies vermeidet man etwa, wenn man die Webadresse händisch ins Browser-Fenster eingibt.

0676 Blog: Wann werden Österreichische Bürger mittels E-Voting an Wahlen teilnehmen können?
Michael Butz: Da lasse ich mich auf keine Prognose ein. Die Zeit wäre jedenfalls reif. Die Technologie ist ausgereift und eine große Gruppe von Bürgern verwendet sie schon.

Infos zu A-Trust
KR Michael Butz ist Geschäftsführer der Firma A-Trust – Gesellschaft für Sicherheitssysteme im elektronischen Datenverkehr GmbH. An dem qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter sind  neben einigen großen Banken auch die Wirtschaftskammer, der österreichische Rechtsanwaltskammertag und die Raiffeisen Informatik GmbH beteiligt.

Der Beitrag Interview: Mit E-Voting wäre das Wahl-Schlamassel nie passiert erschien zuerst auf 0676 Blog T-Mobile Austria.


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